Holunder

Veröffentlicht am 29. Juni 2025 um 19:26

 

Die geheimnisvolle Welt des Holunders – Geschichten und Bedeutungen

„Willst du aus dem Leben scheiden, tue den Holunder schneiden“ – so lautet ein altes deutsches Sprichwort, das die besondere Bedeutung des Holunders in der Volkskultur unterstreicht. Seine Namensherkunft erklärt, warum er so viel Ehrfurcht genießt: Im Namen „Holunder“ steckt die germanische Mutter- und Baumgöttin Holda, auch bekannt als Holla. Laut alten Überlieferungen ist Holla die Beschützerin von Haus, Hof, Mensch und Tier. Sie kann über Wetter und Ernte entscheiden und besitzt sogar Macht über Leben und Tod. Im Märchen der Gebrüder Grimm wurde sie zur berühmten Frau Holle, die aus ihrem unterirdischen Lichtreich den Schnee auf die Erde fallen lässt.

Frau Holles Heiliger Strauch

In vielen Regionen galt der Holunderbaum als heilig. Er stand nicht irgendwo – sondern mit Bedacht: oft in der Nähe des Hauses oder beim Stall, manchmal auch an Kreuzungen oder nahe bei Quellen. Die Menschen glaubten, dass in ihm eine schützende, weibliche Wesenheit wohnte – eine Art Hausgeist oder göttliche Hüterin. In vielen Gegenden wurde sie mit Frau Holle gleichgesetzt.

Frau Holle ist weit mehr als nur eine Märchenfigur. In ihrem ursprünglich mythischen Kern ist sie eine uralte Göttin– Hüterin von Fruchtbarkeit, Geburt und Tod, von Winter und Wiederkehr, von Spinnkunst und Seelenreise. Sie wacht über das Gleichgewicht der Dinge. Und ihr Baum ist – so sagt man – der Holunder.

Wer einen Holunder fällen wollte, musste früher zuerst um Erlaubnis bitten. So sprach man:
«Frau Holle, Frau Holle, gib mir von deinem Holze, ich will dir’s wieder gut machen mit Milch und Brot.»
Solche Sprüche waren keine leeren Rituale, sondern Ausdruck einer tiefen Verbindung mit der beseelten Natur.

Das Tor zur Anderswelt – Zwerge, Kobolde und Seelen im Holunder

In der germanischen und keltischen Mythologie wird der Holunderstrauch als magisches Tor zur Unterwelt gesehen. Es heißt, dass Zwerge und Kobolde in ihm wohnen und ihn als Portal zwischen den Welten nutzen. Manche Überlieferungen besagen sogar, dass menschliche Seelen im Holunderstrauch verweilen. Im Englischen wird er „Elderberry“ genannt, wobei „Elder“ auf die Ahnen oder Alten verweist. Vielleicht stammt daher die Weisheit, vor dem Holunder den Hut zu ziehen – als Zeichen des Respekts.

Heute ziehen wir den Hut jedoch nicht nur vor seiner mystischen Bedeutung, sondern vor seinen beeindruckenden Heilkräften. Holunderblüten und -beeren sind zwar keine magischen Schutzschilde gegen Hexen und böse Geister, doch sie haben eine nachgewiesene positive Wirkung auf Gesundheit und Wohlbefinden. Ein Grund mehr, den Holunder in Ehren zu halten.

 

 

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